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Evangelisch-reformierte Kirche des Wallis - ERKW

Ent-sorgen

 

 

Das Bibelwort überrascht uns mit Bildern und Vergleichen, die uns sonderbar dünken. Schauen wir den Psalm 127,1-2 der so ein merkwürdiges Wort ist: Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wenn der HERR nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst. Es ist umsonst, daß ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.

Unsere Architekten, Maurer und Zimmermannen mögen sich wundern – ohne ihr Tun wird ein Haus nicht gebaut. Der Fleiss des Arbeiters, das handwerkliche Können und das Zusammenspiel der unterschiedlichen Berufe lassen ein Bauvorhaben erst gelingen. So ist es unsere Erfahrung. König Salomo, der hinter den Psalmworten steht, weiss das auch. Er selber hatte in Jerusalem grosse Bauten angestossen und vollendet, unter anderem den Tempel.

Aber kennen wir das nicht auch, dass die Dinge eben nicht zueinanderkommen wollen, dass «der Wurm» drin ist, wie wir sagen? Salomo sagt, das Gelingen steht nicht in unserer Macht. Gott schenkt uns Gesundheit und Frieden und Bewahrung. Somit ist es eben schon richtig, wenn wir sagen – Hobel und Säge vermögen nichts, wo Gott nicht der Bauleiter ist.

Salomo spricht auch von der Bewachung der Stadt: wenn nicht der Hüter, der niemals schläft und schlummert sich der Sicherheit der Menschen annimmt, gelingt auch das Wirken von Polizei, Feuerwehr und Armee nicht. Das will nicht heissen, dass ihr Tun unwichtig wäre oder dass es auf Fleiss und Anstrengung der Menschen nicht ankäme. Gewiss kommt es darauf an. Zur Verdeutlichung ist der Tagesbefehl von Oliver Cromwell, dem englischen Heerführer im 17ten Jh., ein Klassiker. Er schärfte seinen Leuten ein: «Traut auf Gott, und haltet euer Pulver trocken!»

Wir erahnen es und wissen es nur zu gut: wir Menschen sind sorgenanfällig. Darum brauchen wir eine funktionierende Entsorgung. Bei den Glasflaschen haben wir es im Griff: wir entsorgen sie bei der Sammelstelle. Die Sorgen, die uns plagen, werden nicht in Behältern weggeführt. Die Ent-sorgung, die wir benötigen, hat mit dem Vertrauen in Gott zu tun.

Das Vertrauen in Christus führt in eine Ruhe, die uns Halt gibt und uns die Sorgen nimmt. Glaube bedeutet: wir sehen ein, dass der himmlische Vater uns liebt und wir blicken auf den, der uns liebt. Er ist mit uns, auch bei der Arbeit. Nun die Nagelprobe: der Beweis, dass wir mit Gottes Beistand rechnen, ist dann erbracht, wenn wir ihn um seinen Beistand bitten – gemeinsam im Gottesdienst und persönlich jeden Tag.

Daniel Rüegg, Pfarrer

 

Einer trage des andern Last,

so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Galater 6,2

 

Vater im Himmel, Du hast uns das Geheimnis Deiner Liebe aufgetan. Du hast uns Dein Herz geöffnet und Deinen Sohn geschenkt. Nun kennen wir Dich, Vater, nun wissen wir, dass nichts uns scheiden kann von Deiner Liebe. Gib, dass Deine Liebe in Tat und Wahrheit Gestalt annimmt in unserem Leben, in unserem Zusammenleben.
Herr Jesus Christus, mach uns neu, zieh uns in Deine Nachfolge und so lass uns durch unsere Tage gehen, Deinem Reich entgegen, froh und dankbar, ein lebendiger Lobpreis Deiner Herrlichkeit. Amen.
Daniel Rüegg, Pfarrer

Ferien… Welche Freiheit?

 

Für viele reimt sich Ferien auf Freiheit, und das ist auch logisch. Endlich frei von den Zwängen der Arbeit, erscheint uns die Welt anders, leichter, ja sogar sonniger. Neue Möglichkeiten eröffnen sich uns. Aber ist das wirklich so?

Auf den ersten Blick natürlich. Es ist die Zeit der langen Abende, der Reisen, des Dolce Vita. Und doch, auch wenn die Ferienzeit oft erwartet und ersehnt wird, ist sie nicht frei von Zwängen. Es gibt zwei Arten von Einschränkungen: zum einen unsere eigenen Begrenzungen und zum anderen der Druck von aussen, der uns dazu zwingt, unseren Urlaub erfolgreich zu gestalten.

In der kollektiven Vorstellung bedeutet Urlaub zu haben, wegzufahren, zu geniessen und diese Zeit maximal auszunutzen. Daran werden wir schnell erinnert, wenn wir über unseren Urlaub sprechen. Wir werden mit der Frage „Wohin gehst du?“ konfrontiert – ein kleiner Satz, der viel darüber aussagt, wie ein erfolgreicher Urlaub aussehen sollte. Um sich davon zu überzeugen, genügt ein Blick in die sozialen Netzwerke und die Veröffentlichungen unserer „Freunde“, die paradiesische Orte vorstellen, die mit Bildern verschönert werden, die oft mit Filtern bearbeitet oder nach Belieben zugeschnitten sind. Auch hier werden die Dinge kompliziert, denn wir müssen uns sofort von der durch den Flug überschatteten CO2-Bilanz befreien.

Wenn unsere Freiheit dem Druck und den Einflüssen der Gesellschaft unterliegt, sind die Zwänge oft sehr materiell: Gesundheit, Finanzen, Einsamkeit. All diese Beschränkungen scheinen heute für einen gelungenen Urlaub abstossend zu sein. Und was ist mit der Freiheit?

Sie findet sich entschieden nicht in unternommenen oder erhofften Projekten. Wenn sie irgendwo zu suchen ist, dann in der Möglichkeit, wir selbst zu sein, indem wir unsere Existenz in ihren jeweiligen Realitäten umarmen. Die Urlaubszeit sollte ein Raum sein, in dem wir ohne das Diktat von „es gilt zu“ und „ich muss“ voll und ganz leben können. Sie ist also nicht eine Freiheit des Tuns, sondern des Seins. Wir treffen hier auf ein Thema, das bereits auf den ersten Seiten der Bibel präsent ist: die eigene menschliche Berufung, Kind Gottes zu sein, in allen Aspekten unseres Lebens voll auszuleben.

Wenn die Ferien ein Raum der Freiheit sind, sollten sie vor allem eines sein: Zeit, um sich von den sozialen, familiären und beruflichen Zwängen zu lösen, die uns daran hindern, unsere Berufung als Mensch voll auszuleben. In unserem Alltag ist es oft sehr schwierig, dies zu erreichen, da wir von der Vielzahl der Beschäftigungen und Verantwortungen absorbiert werden.

Die Ferien sind nicht so sehr eine Freiheit, die man gewinnen muss, sondern vielmehr eine Freiheit, die man bekommen kann. Um sie zu empfangen, muss man eine Form der Entblössung akzeptieren, um das Wesentliche zu erleben: sich selbst, die anderen und den All-Anderen. Flugtickets, Paläste und ferne Länder können uns diese durch den Atem Gottes empfangene Freiheit nicht geben.

Gilles Cavin, Pfarrer

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